Zweite Meinung vom 21.11.2008:

Nachdem der vierte Teil der beliebten Kriegsshooter-Serie namens "Modern Warfare" den HD-Konsolen vorenthalten blieb, hat sich Treyarch beim insgesamt fünften Teil der Serie auf Konsolen auch der darbenden Wii-Fans angenommen. Mit Call of Duty - World at War bekommen Nintendo-Zocker eine insgesamt überzeugende Portierung des HD-Spiels auf ihre Wii.
Worum geht's?
"World at War" entführt euch wieder einmal in den zweiten Weltkrieg, setzt also wieder dort an, wo Teil 3 geendet hatte. An der Ego-Perspektive hat sich dabei ebensowenig geändert, wie am groben Spielprinzip: Ihr düst per pedes durch ein Dutzend Levels und knallt in der Rolle eines US- Amerikaners oder Russen ganze Hundertschaften von Deutschen und Japanern ab. So weit, so gut. Großes Alleinstellungsmerkmal dieses Teils sollte es sein, dass auch in den fernen Osten geht. Tatsächlich startet ihr die Kampagne am Makin-Atoll und kämpft fernöstlich als US-Marine gegen die den Nazis gewogenen Japaner. Besonders "allein" steht World at War damit allerdings nicht. Sogar GameCube- Veteranen durften in EAs Medal of Honor: Rising Sun schon im fernen Osten Krieg spielen.
Der Spielspaß
Ganz grundsätzlich ist Call of Duty 5 ein waschechter, solider EgoShooter. Wie bereits erwähnt, verbringt ihr die meiste Zeit des Spiels damit, Horden von zum teil getarnten Gegnern auszuschalten, Bomben zu legen oder Geschütze zu zerstören. Achja, Mörsergruben dürfen auch mal wieder ausgehoben werden. In der Hinsicht zeigt sich Treyarchs neuestes Kind von der erzkonservativen Seite und versteht es nicht, dem antiqierten Genre des Weltkriegsshooters irgendeinen neuen Aspekt abzuringen. Im Vorfeld wurde die intensive Gewaltdarstellung hervorgehoben, die für ein realistisches Ambiente sorgen sollte. Moralisch fraglich, bleibt davon in der dt. Fassung aber auch wenig über. Die Gegner verlieren im realistisch animierten Todeskampf nur dezent Blut und die Story zeigt eigentlich nur in der Einführungssequenz heftigere Gewalt. Wobei auch dort nichts enthalten ist, was nicht auch Sonntag Abend um 20.15 Uhr im Tatort laufen könnte. In der Hinsicht sind die Zensierungen der deutschen Version schon gehörig, denn im Ausland "erfreuen" spritzende Blutfontänen und verlorene Glieder das Auge der Spieler. Zumindest bleiben die getöteten Gegner für eine ganze Weile liegen, was tatsächlich die beklemmende Atmosphäre des Spiels fördert.
Denn auch ohne die übertriebene Gewaltdarstellung bleibt das Geschehen rund um die beiden Protagonisten sehr intensiv. Zwar gelingt es Treayarch nicht, dem Setting neue Seiten abzugewinnen, aber das im Kern Altbekannte verstehen sie zumindest sehr gut zu verpacken. Die Integrierung der Japaner bringt einige Überraschungseffekte mit sich, wenn sie völlig andere Taktiken anwenden als die Deutschen. Häufig kommt es vor, dass sich ein mit Blättern getarnter Japaner plötzlich auf euch wirft und einen Harakiri-Angriff startet. Da hilft es nur, ihn zeitig mit dem Gewehr zu töten oder in letzter Sekunde die Wiimote zu schwingen, damit er zuerst euer Messer spürt und nicht ihr seines. Dabei sind sehr flinke Reaktionen gefragt. Ich bin etliche Male auf diese Weise gestorben, was durchaus frustig sein kann. Es warten aber noch weitere fiese Überraschungen auf euch, die ich hier nicht verraten möchte.
Die packende Inszenierung rührt auch vom relativ hohen Schwierigkeitsgrad her. Bereits im zweiten von vieren werdet ihr etliche Tode erleiden, weil euch einerseits eine Übermacht entgegen steht, andererseits aber auch besonders die Japaner immer wieder trickreich das Ende herbeiführen. Oft weiß man gar nicht so genau, warum man jetzt überhaupt gestorben ist. An der Intelligenz der Gegner dürfte es aber nicht gelegen haben. Diese sind zwar z.T. intelligent platziert, verhalten sich in der Regel aber wie stupide Schießbudenfiguren. Teilweise bemerken sie euch gar nicht, obwohl man genau daneben steht und wild um sich ballert, teils zielen sie derartig genau, dass man Doping vermutet. Zwar verstecken sie sich hinter Barrikaden oder Fässern, aber eben auch hinter roten Explosionsfässern. Außerdem schauen sie regelmäßig darüber hinweg, damit sie auch treffen kann. Daran tun sie aber auch gut, weil Sekundärwege kaum möglich sind. Die Entwickler haben euch einen Weg gegeben und dieser muss gegangen werden. Da gibt es kein Pardon. Insofern ist es vielleicht angesichts der Schlauchlevel und der Übermacht an Gegnern ganz gut, dass diese nicht die hellsten sind. Sie werden euch trotzdem fordern und ihr werdet einige Male böse schimpfen. Gut nur, dass es relativ faire Rücksetzpunkte gibt, die nur wenig Frust aufkommen lassen.
Während ihr im Übrigen in Japan vor allem für uns recht unbekannte Einsätze beordert werdet, handelt der zweite Teil der Kampagne vom Einmarsch der Russen in Berlin. Ihr startet dort in Stalingrad und kämpft euch westwärts an Berlin heran. Am Ende steht sogar der Reichstag auf eurer Liste und präsentiert euch damit dann doch noch ein kleines Novum. Zumindest in meiner Kriegsspiel-Geschichte tauchte der Reichstag als spielbares Level noch nie auf.
Die gesamte Kampagne kann exklusiv auf Wii auch zu zweit gespielt werden. Der Bildschirm wird allerdings nicht getrennt, der zweite Spieler kann nur ein zweites Fadenkreuz auf dem Screen mit eigener Waffe und Munition verwalten. Das erinnert an den Koop- Modus aus Jet Force Gemini (N64) und funktioniert soweit ganz nett. Der zweite Spieler kann jederzeit ein- und aussteigen. Nutzen und Spaß halten sich aber in Grenzen. Für zwischendurch ganz nett, zeigen sich bald aber eklatante Schwierigkeiten, weil der zweite Spieler hilflos dem Gewackel des ersten ausgeliefert ist. Koordiniertes Vorgehen ist so kaum möglich.
Neben der soliden, atmosphärisch dichten, aber spielerisch leicht angegrauten Kampagne bietet World of War aber auch noch einen opulenten Online-Modus. Dieser ist mit 8 Leuten gleichzeitig spielbar und läuft sehr, sehr flüssig. Auf 8 Maps, die in klein, mittel und groß unterteilt sind, dürft ihr euch in Deathmatch- oder Team Deathmatch- Spielen vergnügen. Soweit klingt das Spielerlebnis etwas fader als beim direkten Konkurrenten MoH: Heroes 2, welches mit immerhin 32 Spielern gleichzeitig protzte und zudem die Friendcodes über Bord warf.
Trotzdem stellt dieser Online-Modus den bisher am besten ausgearbeitetesten seiner Art auf der Wii dar. Das motivierende Rangsystem der HD-Brüder wurde auf die Wii gebracht und erfreut die in dieser Hinsicht nicht gerade verwöhnten Online-Spieler. Für mehr Abschüsse bekommt man Punkte und steigt Level auf. So kann man neue Waffen, neues Waffenzubehör (z.B. Visier, Schalldämpfer oder Standfiuß) freispielen. Außerdem gibt es Herausforderungen (z.B. "Töte 75 Gegner mit der Thompson"), die weitere Erfahrungspunkte bringen und ihrerseits neue Dinge freispielen.
Darüberhinaus gibt es drei Extras, die jeder Spieler anlegen kann, wovon aber die meisten auch freigespielt werden müssen. So kann man dadurch schneller laufen, ist gegen Granaten besser geschützt, sieht Tretminen eher, ist auf dem Radar unsichtbar usw. und so fort. Ideal: Man kann bis zu 5 Einstellungen (Waffen, Granaten, Extras) ganz selbstständig zusammenstellen und speichern. Viel Spaß beim Finden der idealen, persönlichen Balance!
Angesichts solcher Fülle an ungewohnten Optionen und Features, schmerzt es den Wii-Spieler da kaum noch, dass der Vier-Spieler-Online Koop. Modus aus den HD-Versionen es nicht auf die Nintendo Konsole geschafft hat. Auch die Fahrzeuge und einige weitere Spielmodi wurden gestrichen. Wobei die Fahrzeuge überhaupt nicht und weitere Spielmodi nur kaum vermisst werden. Schade ist nur, dass es noch kein Wii-Speak gibt. Das hätte gerade das Teamplay noch verbessern können.
Werfen wir zuletzt einen Blick auf die Steuerung, zu der man nicht viele Worte sagen muss. Sie funktioniert tadellos, setzt aber wie die Einzelspieler- Kampagne keine neuen Akzente. Wo Metroid Prime und MoH:Heroes 2 mit innovativen Waffenbewegungen auftrumpfen, zeigt sich CoD 5 wieder mal erzkonservativ und verwendet als Bewegungen gerade mal "Nunchuk Schütteln" für Nachladen und "Wiimote schütteln" für einen Nahkampf Angriff. Und selbst das kann auch Knöpfe gelegt werden.
Die Pointer-Steuerung ist gut gelungen, auch wenn sie nicht völlig frei justiert werden kann. Die verschiedenen Pre-Sets reichen aber völlig aus, um jeden sicher durch das Spiel zu lenken. Einzig das Zielen über Kimme und Korn erweist sich mit automatischer Zielerkennung als schwierig. Wenn man ein wenig übt, geht aber auch das gut von der Hand.
Die Technik
Call of Duty läuft wie "Ein Quantum Trost" auf einer modifizierten CoD4-Engine. Es läuft damit auf jeden Fall besser als der interne Agenten- Konkurrent.Vor allem die üppige Vegetation und die tollen Raucheffekte haben es mir angetan. Aber auch Animationen, Gegner und Fernsicht ganz völlig in Ordnung. Das Spiel sortiert sich grafisch direkt hinter Metroid Prime 3 ein und schlägt alle anderen Konkurrenten im Genre um Längen
Gerade der Detailgrad ist toll, zeigt aber auch die größte Schwäche des Spiels. Es kommt immer wieder zu stärkeren Fade-Ins, dh. Objekte (vor allem Gras und Büsche) werden sanft eingeblendet, wenn man sich ihnen nähert. Ältere Semester kennen diese Technik noch aus Banjo Kazooie für das N64, in dem damals RareWare das gleiche Prinzip anwandt, um keinen Nebel einsetzen zu müssen. So schlimm ist es hier nicht, aber es ist auffällig. Außerdem kann nicht jede Textur (gerade im Multiplayer) mit dem Anspruch der grafischen Referenz mithalten. Sie schauen einige Male beim Näherbetrachten schon ziemlich matschig aus. Trotzdem... grafisch überwiegen die positiven Aspekte deutlich, zumal die Framerate kaum einmal in die Brüche geht. Lediglich zwei mal während der Kampagne kam das vor, dann allerdings donnerten auch die Granateinschläge, die Artillerie und einige Dutzend Charaktere auf dem Screen. An solchen Stellen sei es dem Spiel verziehen.
Fazit:
Das Resümee kann kurz und schmerzlos ausfallen: Für Solisten bietet Call of Duty: World at War seriöse, aber innovationslose Ballerkost, die technisch auf der Höhe ist und gut funktioniert.
Herausragend wird das Spiel aber erst durch den Online-Multiplayer, der neben Mario Kart Wii der wohl derzeit beste auf Nintendos weißer Konsole ist. Das Rang- und Belohnungssystem ist äußerst motivierend und das Freundescode-Prinzip wurde innerhalb der beschränkten Möglichkeiten ideal verwendet (Freunde in laufende Matches einladen z.B. funktioniert super).
Wer über kleine technische Defizite und eine mäßig spannende Wiimote-Integrierung hinwegsehen kann, bekommt hier das vielleicht ansprechendste EgoShooter-Komplettpaket, das es derzeit auf der Wii gibt.
+ traditionelle, aber gute Steuerung
+ grafisch tolle Vegetation und Rauch- und Feuereffekte
+ viele unterschiedliche Waffen (Feuerwerfen!) mit gutem Balancing
+ atmosphärisch dichte Solo-Kampagne
+ sauberer Online-Modus mit motivierendem Rang- und Erfahrungssystem
+ gut ausgearbeitete Online-Karten
+ faire Rücksetzpunkte
+ Japaner bringen einige überraschende Angrifsstrategien ein
+ ausreichender Umfang
+ 2-Spieler-Koop Modus...
- ...der aber einen echten Koop-Modus nicht ersetzen kann
- teils mässige Texturqualität und Fade-Ins
- seltene Slowdowns
- Gegner KI nicht immer auf der Höhe
- Story eher vernachlässigbar
- 2. Weltkrieg bietet kaum mehr Neues
Wertung (Singleplayer): Wertung (Multiplayer/ Online)
10 Punkte/ 15 Punkte 13 Punkte/ 15 Punkte