Smarty Pants: Was sich anhört wie der Nachfolger des berühmt- berüchtigten Abenteuers rund um die Schokoladenleckereien und von der Verpackung so aussieht wie UbiSofts neuestes „Mein erster Legobaukasten und Ich“- Aufguss, stellt sich überraschenderweise als amüsantes und facettenreiches Ratespiel für Jung und Alt heraus.
Wer Freunde besitzt - und ich hoffe, das betrifft hier viele - sollte auf jeden Fall weiter lesen und einen Blick riskieren. Vorurteile sind manchmal eine böse Sache.
Smarty Pants - Das Besserwisserspiel ist in vielerlei Hinsicht eine Überraschung. Zum Beispiel, weil ich von dessen Existenz erst im Regal des hiesigen Saturn- Marktes erfuhr, obwohl ich mir einbilde mich mit dem täglichen Videospielgeschäft auszukennen. Als ich die Verpackung dann in die Hand nahm, merkte ich, dass es nur ein Ratespiel darstellen sollte; kindlich bis kitschig aufgemacht, der hohe Preis von 49Eur nicht gerade viel versprechend.
Doch auch hier sollte ich mich täuschen.
Tatsächlich stellt Smarty Pants ein Ratespiel im „Wer wird Millionär“- Stil vor. Eine Frage, vier Antwortmöglichkeiten und los geht der Spaß. Über 20.000 Fragen aus 8 Kategorien (z.B. Medien, Natur, Wissenschaft, Kultur) warten dabei auf die Spieler. Die Konkurrenz aus dem Hause UbiSoft mit dem prominenten Namen „Wer wird Millionär“ bietet im Übrigen nur 2000 Fragen. Nur als kleiner Vergleich.
Das Besserwisserspiel bietet grob gesagt 2 Modi: Das Freunde- Spiel und das Familien- Spiel. Im erstgenannten ‚kämpfen’ bis zu 4 Spieler gegeneinander um den Sieg. Reihum darf einer das Glücksrad drehen (natürlich inklusiver Wiimote- Geste) und damit die Kategorie erdrehen. Bonusfelder wie „Spieler 1 darf frei aussuchen“ inklusive. Aus der schließlich gewählten Kategorie werden dann drei Fragen gestellt, die dann durch fixes Buzzern beantworten werden müssen. Wer glaubt die Frage beantworten zu können, drückt den A- Knopf und reißt die Wiimote nach oben und es erscheinen vier Antwortmöglichkeiten. So geht es reihum weiter. Nach Belieben 3,5 oder 10 Runden lang.
Soweit ist alles sehr solide. Ein Wort zu den Fragen: Diese sind zum sehr großen Teil pfiffig gestellt und decken ein breites Themenspektrum ab. Vor allem die Aktualität der Fragen (manche reichen nur bis Juli 2007 zurück) und der große Europa- und Deutschlandbezug machen sie interessant. Fehlende Kategorien wie Geschichte, Religion oder Erdkunde sind gut in bestehende integriert (meist Kultur oder Welt/ Deutschland).
Eine weitere, sehr feine Idee von EA war es, die Fragen einem speziellen Alter zuzuschreiben. Bevor ihr anfangt zu spielen, muss jeder Mii- Halter sein Alter angeben. Die 6- jährige Nichte wird also mit leichten, kindgerechten Fragen bezirzt, während der 22-jährige Student allerhand Allgemeinwissen aufbringen muss, aber kaum in die 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts vordringen muss. Dessen bemächtigt sich dann der Vater oder die Oma. Praktisch und gut umgesetzt, ermöglicht dieser einfache Kniff allen Altersgruppen Zugang zum Spiel.
So gesehen also bereits ein feiner Ratespaß, der tadellos funktioniert. Doch einige Extras machen es noch interessanter. Während sich das Glücksrad dreht, kann der aktuelle Spieler auch Spielkarten gewinnen, die er zu passendem Zeitpunkt ausspielen kann. Hat ein Gegner z.B. bei einer sehr leichten Frage zuschlagen können, so kann man mit Hilfe einer Karte diese deutlich schwerer machen; eine andere Karte löscht eine falsche Antwortmöglichkeit; wieder eine andere macht eine Frage für einen selber leichter usw. Manchen Karten gehen auch kleine Minispiele voraus. Bevor man die doppelte Punktzahl ergattern kann, muss man einen flotten Tanz aufs Parkett hinlegen. Je besser und schwungvoller man tanzt, desto mehr Punkte gibt es. Diese Minispiele sind weder sonderlich anspruchsvoll, noch vielseitig. Aber sie machen Spaß und funktionieren tadellos. Smarty Pants ist keine Minispielsammlung, sondern ein Ratespiel und damit sind diese kleinen Games wirklich nur als Bonus zu sehen, die den Abend etwas auflockern.
Der oben bereits erwähnte Familienmodus stellt schließlich ein kooperatives Spiel dar. Wieder können 1-4 Teilnehmer mitmachen. Diesmal geht es darum, zusammen innerhalb eines bestimmten Zeitlimits eine vorher festgelegte Anzahl an Fragen zu beantworten. Damit die Zeit langsamer abläuft, müssen die nicht ratenden Spieler lustige Gesten (Winken, Schütteln, Tanzen) machen.
Neckisch wird das Spiel beim Bestimmen der Fragenanzahl. „15“, heißt es da, wäre die Fragenanzahl, die eine „durchschnittliche Familie“ schaffen würde. Also wirklich… wir sind ja wohl mehr als nur eine durchschnittliche Familie. Trotzdem wollen wir damit einmal anfangen. Das Ende vom Lied: Magere 9 Fragen geschafft. Ärgerlich, aber motivierend. Eigentlich lag es auch an den Kategorien…
Ihr merkt, das Spiel entwickelt mit der Zeit eine eigene Dynamik, die es tauglich macht, den Abend zu retten. Trotzdem ist es nicht ohne Fehl und Tadel. Vor allem die Nicht- Existenz eines Einzelspielermodus’ ist schade. Smarty Pants bemüht sich nicht einmal Solospieler mit zweifelhaften Kampagnen zu fesseln, wie es Mario Party oder auch Rayman versuchen. Es gibt schlicht keinen Modus. Zwar kann man auch allein Fragen beantworten, allerdings nur zu Übungszwecken. Highscores und Statistiken werden nicht gespeichert. Dies geschieht nur im Multiplayer. Besonders ärgerlich ist es aber nicht, da sich kaum jemand geneigt fühlen wird, allein viele Stunden mit dem Beantworten von Fragen zuzubringen.
Eine Sache stört vielmehr: Der geringe Optionsumfang. Zwar ist ein Gegeneinander und Kopperation möglich, aber ein wenig mehr Modi wären schon nett gewesen. Wie wäre es schön gewesen, einmal ganz dem Vorbild „Wer wird Millionär“ nach, eine immer schwieriger werdende Fragenleiter aufzusteigen? Schade drum…
Ansonsten endet hier die Liste der Unannehmlichkeiten auch schon. Die Miis werden geschickt und hübsch integriert, alle Wiimote- Abfragen funktionieren einwandfrei, Fragen doppeln sich nicht oder sehr selten, die Auswahl des Alters garantiert Spaß für Jung & Alt, die Präsentation ist einfach, aber praktisch und der Kommentator (übrigens der Kerl von „Wissen macht Ah!“ auf KiKa) ist unaufdringlich und gelungen.
Der Vorwurf des Nongames steht mit Sicherheit im Raum. Und für ein Ratespiel, wenngleich es gelungen ist, 50Euro zu verlangen, grenzt an Frechheit. Trotzdem: Werft eure Vorurteile bezüglich dieses Spiels von Bord und gebt ihm eine Chance. Macht euch bewusst, dass es ein Ratespiel ist und dass die Wertung nur innerhalb dieses Genres zählt. Kommt mir nicht mit Vergleich wie „Aber Red Steel hat von dir auch soviel Punkte gekriegt…“.
Wer ein Rate- und Partyspiel sucht, findet ein sehr gutes in Smarty Pants. Wer episches Abenteuer sucht, kauft Zelda.
+ 20.000 variantenreiche Fragen in 8 Kategorien
+ altersspezifische Fragen
+ kontroverses und kooperatives Spiel
+ nur eine Wiimote im kooperativen Spiel nötig
+ engagierter deutscher Sprecher
+ nette Präsentation für alle Altersgruppen
+ Statistiken
+ auflockernde Minispiele
+ motivierendes Karten- Feature während der Raterunden
- Kein Einzelspieler- Modus (nicht mal Alibi- mäßig)
- „nur“ zwei grundlegende Modi
- Kommentator liest die Fragen nicht vor