The Legend of Zelda - Twilight Princess
 
Zweite Meinung vom 26. Dezember 2006


Es ist vollbracht: Das Spiel der Spiele steht seit geraumer Zeit für jeden frei zum Kauf bereit. Magazine waren schon vor einem Monat durch das Spiel gehetzt und gaben Höchstnoten. Die ersten Spieler folgten wenig später und tendieren momentan eindeutig zum schlechtesten, besten Zelda aller Zeiten.

Ich will hier jetzt mal versuchen möglichst objektiv – und wohl im Endeffekt dennoch subjektiv – an dieses Spiel heranzugehen und es vor allem mit seinem großen Vorbild Ocarina of Time vergleichen, aber es natürlich auch in Konkurrenz zu anderen Action Adventures dieser Zeit zu bringen.

Beginnen möchte ich mit den Orten in Twilight Princess, denn diese sind so ambivalent und schwer zu bewerten, wie das ganze Spiel an sich. Da ist auf der einen Seite die tolle, riesige Steppe. Diese gefällt ausgesprochen gut in Design, Grafik und Fülle der Handlungsmöglichkeiten. Zwar gibt es keine bzw. kaum Personen in ihr, die einen zum Plausch oder Sidequests einladen, aber es gibt so viele unzählige Orte, die man im Laufe des Abenteuers in ihr entdecken kann, dass es eine Wonne ist einfach jeden Steppenabschnitt genauestens auf Herzteile, Schatztruhen und sonstigen Unfug zu überprüfen. Hier liegt einer der wesentlichen Vorteile von TP gegenüber The Wind Waker begraben: Das Meer aus TWW hat bei weitem nicht diesen Entdeckerdrang ausgelöst wie die Steppe in TP und bot auch insgesamt deutlicher weniger.
Auf der anderen Seite aber gibt es auch in TP einige Orte, die weniger gelungen sind. Der auffälligste ist wohl Hyrule Stadt. Schon in OoT war die Haupt“stadt“ des Reiches mehr ein Marktplatz mit Pappmaschee- Wänden. Aber spätestens seit Majoras Masks Unruh-Stadt wissen wir doch, dass die Hauptstadt eines Zelda Spiels gigantisch (gefüllt mit Sidequests) sein kann. Sogar Port Monee – eine der wenigen wirklich genialen Inseln in TWW – bot insgesamt mehr als Hyrule Stadt in TP. Erstens nervt die technische Aufmachung (vielleicht ein Tribut an die GameCube Fassung): Nach wenigen Meters muss nachgeladen werden, sodass die an sich schon kleine Stadt mit ihren wenigen Abzweigungen auch noch in 4 Bereiche aufgeteilt wird. Zweitens ist die Stadt zwar belebt durch eine Vielzahl von Leuten, die darin rumlaufen, aber man kann kaum ein Drittel davon ansprechen. Geschweige denn alle sichtbaren Gebäude betreten. Lediglich eine handvoll Türen steht dem Spieler überhaupt offen. Und wenn man dann noch Sidequests in der Stadt sucht, so wird man auch bitter enttäuscht. Eine kleine Geschichte von einem Goronen, der Quellwasser verkaufen möchte, gibt es. Aber das war es dann auch schon im Groben. Sogar die Hauptstory scheint begriffen zu haben, dass in Hyrule Stadt außer dem mehrfach zu besuchenden Schloss nichts zu holen ist, denn selbst im Hauptstrang der Story besucht man die Stadt sehr, sehr selten.
Ebenso ein bisschen enttäuschend ist der ehemalige Todesberg (jetzt Feuerberg) mit seinen Goronen. Während Kakariko mit seinem Westernthema zwar gewöhnungsbedürftig, aber immerhin sehr fein ausgestaltet ist (da ist mehr los als in Hyrule Stadt, obwohl es kleiner ist!), ist eine Goronenstadt praktisch nicht vorhanden. Während es in OoT noch Goronia mit verschiedenen Ebenen gab, gibs jetzt nur einen spärlichen Raum und das wars. Vorher einen langen Kletterweg und eine Therme, wo sich weitere 5 Goronen aufhalten und das wars dann aber wirklich. Sidequests hier? Fehlanzeige.
Dagegen gefällt die Bucht der Zoras schon mehr. Auch der Hylia See kann insgesamt überzeugen. Dagegen fallen Schneeberge und Wüste dann wieder ab. Unter dem Gebiet der Schneeberge hatte ich mir mehr einen Ort wie Pic Hibernia aus MM vorgestellt. Mit eigenen Bewohnern und eigenen Problemen. Stattdessen hetzt man in der Story nur einmal durch und findet am Ende einen Dungeon und sage und schreibe 2 Bewohner. Da wäre viel mehr drin gewesen. Ein volles Schneegebirge hätte dann sogar den leeren Feuerberg vergessen gemacht. In der Wüste der Gerudos herrscht das gleiche Phänomen: Der Name spielt noch auf OoT an, inhaltlich gibs viel Sand, aber keine Gerudos.  Nur einen Dungeon wie in den Schneebergen. Noch ein potenzielles Volk, noch ein potenzieller Ort nicht vorhanden. Von weiteren potenziellen Sidequests gar nicht zu sprechen.
Dass es wieder einmal keinen offenen Wald gibt, ist außerdem sehr sehr schade. Trotzdem ist der Wald von Phirone durchaus gelungen. Gerade der geheime Hain ist grafisch und atmosphärisch einmalig. Trotzdem: Nächstes Mal bitte einen richtigen Wald.

Die Dungeons gefallen dagegen wirklich durchgehend sehr gut. Da hat man sich wirklich viel Mühe gegeben und die wohl serienbesten Dungeons entworfen.  Keiner ist so frustig kleinkariert wie der Wassertempel aus OoT und keiner so inspirationslos wie viele Tempel aus TWW. Jeder hat ein anderes Thema und ganz eigene innovative Rätsel. Endlich werden die Gehirne auch von geübten Zelda Spielern noch mal auf die Probe gestellt. Gerade der Eisdungeon gefällt durch eine sehr neue Location (eine Villa im Resident Evil Stil). Auch die Anzahl von 8,5 Dungeons ist ausreichend, wenngleich das Ziel „mehr Dungeons als in OoT“ nicht erreicht wurde. Jenes hatte genauso viele.
Die Bossfights sind ein klares Highlight des Spiels]. Allesamt sind imposant und großartig in Szene gesetzt. Ein Ungeheuer ist größer als das andere, eine Tötungsart intelligenter als die vorherige. Leider (oder für Neulinge zum Glück) sind alle relativ leicht, sobald man die Art des Weise des Besiegens erstmal raus hat. Aber insgesamt machen sie trotzdem mächtig Laune. Wer jedoch auf knochenschwere Gegner im Stile eines Metroid Prime hofft, dürfte mächtig enttäuscht sein. Für den Ottonormal Spieler aber sind die Gegner einfach nur „fett“.

Die Dungeons führen dann auch relativ linear durch die Story des Spiels. Diese ist wirklich gelungen und tatsächlich die beste Story, die ein Zelda Spiel je hatte. Und das obwohl (oder vielleicht gerade wegen?!) der kaum vorhandenen Zelda und des erst spät auftauchenden Ganondorfs. Aber vorher noch ein Wort zu den Dungeons, die durch die Story führen: Schade ist, dass man die ersten 4 Dungeons völlig linear machen muss, dann bei „nur“ 2 Dungeons die freie Wahl hat und schließlich die letzten 2,5 wieder hintereinander zu absolvieren hat. Wobei diese dann sogar direkt aneinander gereiht werden, ohne dass man in der Oberwelt noch Dinge zu erledigen hat. Ein Gefühl wie bei OoT, wo man – sobald man erwachsen war – vor der Wahl von insgesamt 4 möglichen Dungeons gestellt wird, stellt sich dadurch nicht ein. Man hat so leider nie die „Zeit“ die Steppe und Hyrule zu erkunden. Bzw. man muss sich die Zeit wirklich nehmen. Die Hauptstory führt mehr stringent durch das Spiel, als dass sie - wie bei OoT - den Spieler bei der Hand nimmt im Entdecken von Hyrule. Ob das nun gut oder schlecht ist, sei jedem selbst überlassen. TP geht hier auf jeden Fall eher den Weg von Majoras Mask, als von Ocarina of Time.
Aber zurück zur Story. Diese bietet detaillierte Charaktere, die auch zum ersten Mal in Zwischensequenzen entsprechend dargestellt werden. Der Schnitt, die Musik, der Inhalt. Die Zwischensequenzen lassen im Prinzip nur Sprachausgabe vermissen. Was dem Spiel an Sidequests insgesamt fehlt, fügt die Story durch viele involvierte Charaktere wieder hinzu. Mit so vielen Leuten hatte Link bisher noch keinen Kontakt. Sprach er vormals aus der Story heraus kaum mit mehr Leuten als Zelda, Ganondorf, den Weisen und irgendwelchen Gottheiten, so gibt es diesmal eine ganze Reihe von Leuten, die Link bei seiner Reise helfen. Insbesondere die Neuentwicklung Midna muss hier herausgehoben werden. Ein tiefschichtiger Charakter, der nicht nur Standartblabla von sich gibt, sondern wirklich „interessant“ ist. Sie ist wirklich viel, viel, viel mehr als Navi seinerzeit. Auf jeden Fallen eine DER Entdeckungen in TP.
Dass die Story nicht völlig frei von kleinen Macken ist, liegt an anderen Dingen.  Zum Beispiel, dass sie zwar in Sachen Dramatik deutliche Fortschritte gemacht hat, aber dass einfach viel zu Vieles unerwähnt bzw. Interpretationssache bleibt. Ein wenig mehr Deutlichkeit und Erklärung wäre nicht schlecht. Und zwar abseits der ganzen Prophezeiungen und „Ein Held wird die Welt der Legend nach erretten.“ In manchen Sachen wiederholt sich die Story ständig, andere wichtige Inhalte (z.B. Ganondorfs und Zantos Verbindung) wird nur ganz kurz angerissen. Da müssen die Japaner noch etwas dazu lernen. Außerdem fehlt insgesamt ein wenig die sprichtwörtliche, aber greifbare Bedrohlichkeit. Während bei OoT die Zukunft ein düsteres Szenario von Hyrule zeichnete und bei MM die Bedrohung in Form des Mondes allgegenwärtig war, ist davon in TP kaum etwas zu sehen. Gut, das war sie bei TWW auch schon nicht, aber dessen märchenhafter Stil benötigte das auch nicht. TP ist viel ernster, und trotzdem ist außer der Schattenwelt, die nur zu Beginn des Spiels auftaucht, kaum etwas Bedrohlicheres als eine gelbe Pyramide über dem Schloss zu sehen. Das ist schon etwas seltsam. Vielleicht soll die teils zerstörte Steppenwelt (beachtet die zerstörten Brückenpfeiler etc.) auf die Katastrophe hinweisen, aber wenn das so ist, hätte das auch ruhig mal erzählt werden können.
Übrigens ist die Idee Link in einen Wolf zu verwandeln, ziemlich gelungen (umgesetzt). Sobald man sich frei verwandeln kann, greift das Konzept ziemlich gut und hätte auch ruhig in mehreren Sidequests verwendet werden können. Zu späterer Stunde verkommt dieses Feature nämlich ein wenig. Trotzdem insgesamt doch ziemlich gelungen. Was man von der Einbindung Zeldas kaum sagen kann. Zelda wirkt in der Geschichte von Twilight Princess, die sie selbst entgegen aller Vermutung nicht ist, kaum mit. Ihre Prinzessinnenrolle beschränkt sich auf 2 kurze Auftritte, ohne Handlungsrahmen. In diesem Spiel ist Midna der deutlich intensivere Charaktere. Zelda verkommt neben ihr zur Statistin. Wenngleich zu einer bezaubernden Statistin. Grafisch und künstlerisch ist diese Zelda die mit Abstand faszinierendste Zelda, die es je gab. Auch die Szenen mit ihr sind klare Höhepunkte des Spiels. Zu schade, dass sie so wenig eingebunden wurde. Ganondorf taucht ebenso wenig auf, fügt sich aber in die Geschichte besser ein als Zelda. Leider wird sein Auftauchen und sein Handeln zu wenig erklärt, was ich ja bereits zuvor angesprochen hatte. Hat man seine Rolle erst einmal verstanden, verzaubert einen gerade der stilvolle Endkampf sehr (wenngleich dieser nicht mit so derben Überraschungen wie in OoT aufwarten kann).

Nicht unerwähnt bleiben sollten die kleinen, aber feinen Dinge am Rande von TP: Die veränderte Menüstruktur zum Beispiel. Es gibt ja nun ein Ringmenü, damit man nicht mehr sehen kann, wie viele Items noch fehlen. Dieses ist durchaus praktisch und erfüllt seinen Zweck. Es stört aber insofern, als dass man keine Übersicht hat. Flaschen, Schuhe und Bomben werden nicht sortiert und man hat tatsächlich keinen Überblick, ob man wirklich alle Bombentaschen, alle Flaschen etc. gefunden hat. Einerseits gut, anderseits schlecht. Das Ringmenü ist also weder Fortschritt, noch Rückschritt. Die Waffen und Items an sich sind dagegen sehr gelungen und stellen gegenüber OoT, MM und TWW einen klaren Fortschritt da. Alles, was Rang und Namen hat in der Zelda Serie (Schwert, Schild, Bogen, Bomben, Bumerang) ist vorhanden und durch einige tolle Sachen wie Kopierstab, Schwebering oder Morgenstern (absolut geile Idee) erweitert. Schade ist, dass diese Items in „ihrem“ Dungeon zeldagemäß viel genutzt werden müssen und auch zum Sieg über den Endgegner beitragen, aber darüber hinaus wenig Verwendung finden. Dieses Problem zieht sich allerdings durch alle Zeldas und wurde in TP leider nicht merklich verbessert. Gerade die innovativen, neuen Dinge hätten eigene Rätsel (z.B. in Sidequests ) verdient gehabt. 
Die vorhandenen, relativ zahlreichen, Minispiele sind übrigens über jeden Zweifel erhaben. Es fehlt zwar eine spezielle Schießbude wie in OoT (wäre mit dem Wii Pointer sicherlich cool gewesen), aber dafür gibt es zum Beispiel das groß angelegte Angeln, eine Snowboard Abfahrt, eine Kanuabfahrt, Flugeinlagen oder Ringen. Da diese Spiele praktisch alle in die Story eingebunden sind, tragen sie wesentlich zur Abwechslung im Spiel bei.

Ein Wort muss noch zur Technik gesagt werden. Die Grafik des Spiels ist die schönste, die der GameCube je zu Gesicht bekommen hat und bekommen wird. Ein Resi4 ist vergleichbar schön (im Detail vielleicht sogar schöner), aber die Gesamtheit von Zelda ist viel beeindruckender als jeder kurzfristige Effekt bei Resident Evil. Hyrule ist so schön und umfangreich wie noch nie. Die Charaktere sind so liebevoll gestaltet wie die Einrichtung ihrer Häuser und jeder Winkel des Landes versprüht seinen eigenen Charme. Es gibt keine HD Grafiken und der Wii wird in 2-3 Jahren mehr leisten können, als TP bietet, aber zu diesem Zeitpunkt ist Zelda stilistisch und in seiner grafischen Gesamtheit ein Kunstwerk ohne Konkurrenz.
Die Musik ist passend, vornehmlich sind die Themen Ocarina of Time entliehen. Nur die Sequenzen sind orchestral und die Musik spielt nur dort ihr volles Potenzial aus. Traumhaft. Das Steppenthema ist sehr stimmig, die Dungeons klingen wie in OoT. Sprachausgabe fehlt größtenteils. Midnas Fantasygeplapper ist allerdings bereits ein erster Schritt in die richtige Richtung.
Achja, und dass der Umfang von TP sensationell ist, dürfte inzwischen allein aufgrund der Aufzählung der ganzen Ortschaften klar sein. 

Fazit:
Es mag sich im Review so anhören, als ob ich Zelda TP schlecht finden würde. Das ist definitiv nicht der Fall. Es ist so, dass alle Kritikpunkte auf einem derart hohen Niveau zu finden sind, dass sie kaum merklich die Gesamtnote des Spiels tangieren. Nein, Zelda - Twilight Princess ist nicht das perfekte Spiel. Von diesem Gedanken muss man sich verabschieden, aber es ist ein verdammt noch mal geniales Spiel mit hervorragender Spielbarkeit, grandioser Grafik und stimmiger Musik. Der Umfang ist beträchtlich, Abwechslung in fast jeder Minute gegeben. Neue Inhalte – wie der Wolf, die Schattenwelt und Midna – ergänzen die bestehende Welt zum größten Teil sehr gut. Schade ist, dass es kein Rätselbuch wie in Majoras Mask gibt mit anspruchsvollen Sidequests. Außerdem muss man Hyrule Stadt und einige Gebiete kritisieren.
Festzuhalten aber ist:
The Legend of Zelda – Twilight Princess ist das zu diesem Zeitpunkt beste Zelda und das beste Spiel seit Dezember 1998.
Ocarina of Time war seinerzeit besser. Aber der Zahn der Zeit nagt auch an diesem (fast) zeitlosen Titel und heute muss man neidlos anerkennen, dass Twilight Princess trotz kleiner Macken, heute einfach besser ist als Ocarina of Time.
Aber Twilight Princess ist heute nicht so gut, wie Ocarina of Time damals.
Das ist wohl die einzige Formel, die beiden grandiosen und mit Superlativen zu bestückenden Spielen vollauf gerecht wird.

Wertung:
14 Punkte/
15 Punkte
 
 
   
 
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